Schild 8: Von einem ufer zum anderen

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts war das Übersetzen von einem Ufer der Dordogne und der Isle zum anderen nur mit Fähren möglich. Reisende gelangten mit der Cavernière vom Hafen von Libourne nach Caverne bei Saint-Loubès und somit in die Nähe von Bordeaux. Dieses Transportmittel war nicht das vorteilhafteste. Es war relativ langsam, die Anzahl der Reisenden und die Menge der zu transportierenden Waren waren abhängig von der Schiffskapazität und auch das Wetter machte den Überfahrten dann und wann einen Strich durch die Rechnung: Stürme, Eis oder Hochwasser unterbrachen regelmäßig den Schiffsverkehr. Auch die Unvorsichtigkeit der Steuermänner brachte die Reisenden häufig in Gefahr. 1748 ertranken 80 Passagiere, als eine Fähre aus Fronsac kenterte.

Zwischen 1824 und 1831 wurden die Fähren nach und nach durch Brücken ersetzt. Die Brücke Pont de Pierre über die Dordogne wurde 1824 eingeweiht. 1831 wurde die Brücke von Fronsac über die Isle in Betrieb genommen.

Möglich wurde der Bau dieser Brücken durch technische, aber auch juristische Innovationen.

So wurde es rechtlich möglich, Privatgesellschaften zu gründen, die an der Stelle des Staates die Kosten und die Verantwortung für den Bau der Brücken trugen. Im Gegenzug erhielten diese Gesellschaften das Recht, mehrere Jahrzehnte lang eine Nutzungsgebühr zu erheben. Dieses System ähnelt dem, das heute für unsere Autobahnkonzessionen gilt.

So wurde der Bau der Brücke von Fronsac von der Einführung von Nutzungsgebühren begleitet, die 60 Jahre lang erhoben werden sollten. Jeder Fußgänger musste 5 Centimes bezahlen. Das galt ebenfalls für „Kleinkinder, die bereits selbst laufen können“. Auch für alle Tiere musste die Maut entrichtet werden, sogar für Gänse und Truthähne. Der Benutzer musste 2,5 Centimes pro Paar oder 1 Centimes pro Kopf bezahlen. Die Maut betraf auch Karren und Fahrzeuge, die den Fluss überqueren wollten: 2,50 Francs für eine Kutsche mit 4 Rädern und 6 Pferden. Selbst „ein Schubkarren, der von einem Mann gezogen wird“ wird mit 10 Centimes veranschlagt.

In den 1830er-Jahren war die Brücke von Fronsac eine Versinnbildlichung der bemerkenswertesten und modernsten technischen Neuerungen. Es handelte sich um eine Hängebrücke.Diese moderne Technik war knapp 20 Jahre zuvor in den USA erfunden und erstmals 1825 in Passy, in der Nähe von Paris, und anschließend in Tournon-sur-Rhône angewendet worden. Der Ingenieur Marc Seguin hatte die Metallkabel entwickelt, die der Struktur zu ihrer Stabilität verhalfen.

Die Brücke war also zu jener Zeit ein seltenes und vor allem modernes Bauwerk. Sie konnte schneller und günstiger als eine Steinbrücke errichtet werden. Herkömmliche Schwierigkeiten wie schlammige Flussböden und starke Strömungen konnten so umgangen werden. Der Erfolg dieser Technologie führte dazu, dass in den darauffolgenden Jahren zahlreiche Hängebrücken über die Isle und die Dordogne gebaut wurden.

Der Bau der Brücke von Fronsac ermöglichte es, eine Straßenverbindung zwischen Libourne, dem Cubzacais und dem Blayais herzustellen, die der Flussverbindung im Laufe der Zeit den Rang ablief. Der Verkehr auf der Brücke nahm immer mehr zu. Daher wurde in den 1910er-Jahren entschieden, eine elektrische Straßenbahn zwischen Libourne und Saint-André-de-Cubzac zu bauen.

Auch die Überbrückung der Isle wurde erneut in Erwägung gezogen, da die Hängebrücke dieses neue Verkehrsmittel nicht tragen konnte. Durch den Bau der Straßenbahnlinie Saint-André-de-Cubzac - Libourne schenkte das Departement den Einwohnern von Libourne ein neues Transportmittel. Da die „Mobilität“ Ende des 19. Jahrhunderts immer weiter zunahm, untersuchte der Conseil Général Möglichkeiten, Änderungen an der Hängebrücke vorzunehmen. So waren die Anlegung von zwei Fahrwegen mit einer Gesamtbreite von 4,30 m, Schrägseile und Metallbrüstungen im Gespräch, die die Struktur belastbarer machen sollten. Die Brücke sollte mehr Verkehr und schwere Ladungen wie Steine oder Wein aushalten können. Ähnlich wie die flussaufwärts gebauten Hängebrücken (Guîtres, Coutras, Savignac-de-l’Isle) sollte sie „auf jeder Seite über einen Bürgersteig für Fußgänger verfügen (...). Jeder Bürgersteig soll 0,54 m breit sein.“ 

Schließlich entschloss man sich dazu, für die Straßenbahn eine neue Brücke zu bauen. Sie nahm sich die Eisenbahnbrücke von Gustave Eiffel zum Vorbild, damit die Züge in Bordeaux die Garonne überqueren und in den Bahnhof Saint-Jean einfahren konnten. Die Verwendung von genietetem Blech, geraden Versteifungen und Andreaskreuzen machte die Konstruktion widerstandsfähig gegen Vibrationen und ermöglichte eine Vergrößerung der Spannweiten. Die 52 m lange und 120 Tonnen schwere Fahrbahnplatte wurde in den Werkstätten der Firma Dyle und Bacalan in der Nähe von Bordeaux gefertigt. 1913 wurde die Straßenbahnlinie fertiggestellt. Sie war 36 Jahre in Betrieb und wurde 1949 stillgelegt. Zwei Weltkriege hatte sie überstanden.

Die Hängebrücke von Fronsac und die Straßenbahnbrücke fielen am 28. August 1944 den Sprengungen zum Opfer, die die Wehrmacht bei ihrem Rückzug in die Wege geleitet hatte.

Die Straßenbrücke wurde wieder aufgebaut. Sie wurde zu dem Bauwerk, das wir heute kennen. Die Brücke weist eine Besonderheit auf, die zur Zeit ihres Wiederaufbaus eine echte Innovation darstellte. Sie wurde mit Spannbetontechnik gebaut. Die Elemente aus Betonmauerwerk sind dabei hohl und werden von Spannkabeln aus Metall durchzogen, die die Steifigkeit und Kohärenz der Brückenstruktur gewährleisten.

Die Straßenbahnbrücke, die weniger stark beschädigt war, konnte zwar repariert werden, wurde jedoch nach der Stilllegung der Linie nutzlos. Daher wurde ihr Abriss beschlossen. Die Demontage war spektakulär. Aufgestapelte Holzbohlen wurden bereitgestellt, um die Metallstruktur darauf ablegen zu können, die von ihren Verankerungen an den Ufern getrennt worden war. Weitere Holzbohlen wurden auf einem ehemaligen amerikanischen 600 Tonnen schweren Lastkahn aufgestapelt, der an den Stränden der Normandie für die Anlandung von Panzern genutzt worden war. Der leistungsstarke Kahn wurde unter die Brücke gefahren und verwandelte sich mit der kommenden Flut in ein Hebegerät. Die Teams unter der Leitung des Chefingenieurs des Unternehmens „Grands Travaux de Marseille“ verankerten daraufhin die Struktur, um ihre Demontage zu sichern. Mithilfe von Winden wurde sie an den Kais der Isle abgelegt und dann per Schneidbrenner zerschnitten.

 

Das Ende eines großen Bauwerks. Das Ende einer Ära.