Schild 6: Das Kulturerbe der Gironde-Mündung

Eine kurze Geschichte der Carrelets 

Die Carrelets genannten, kleinen Fischerhütten auf Stelzen an der Gironde-Mündung sind regelrechte Kultobjekte. Sie sind an den Ufern der Garonne und der Dordogne zu finden. Zahlreich sind die Darstellungen dieser Plattformen, die an den Ufern aufgestellt wurden. Sie werden durch mehrere Masten gestützt und sind mit einem Netz versehen. Oft sind sie auch mit einem mehr oder weniger aufwändig gebauten Häuschen ausgestattet. 

Im 18. Jahrhundert hingegen bezeichnet das Wort „Carrelet“ lediglich ein quadratisches Fischernetz. Diderot und d’Alembert beschreiben es in einer Enzyklopädie aus dem Jahr 1751 so: „Es muss 6 Fuß im Quadrat groß sein (0,55 m²) mit relativ großen Maschen, denn je größer die Maschen sind, desto einfacher ist das Carrelet aus dem Wasser zu heben: eine nicht zu vernachlässigende Annehmlichkeit, denn wenn das Carrelet langsam hochgezogen wird, springen die großen Fische wieder heraus“. Das Netz ist an einer Stange befestigt und wird meistens händisch bedient. So erklärt es der Naturforscher Duhamel in seinem Buch Dictionnaire des pêches (Fischerei-Lexikon) aus dem Jahr 1769. Um das Hochziehen großer Netze zu erleichtern, wird eine Holzstange von 5,5 m Länge genutzt, an deren Ende Eisenhaken befestigt sind, die das Netz halten. Zudem wurden Holzklötze oder Steine als Gegengewicht genutzt, um die Netze einfacher hochzuziehen.

Obwohl die Konstruktion früher auf einem Boot angebracht war, verfügte sie über alle Eigenschaften der heutigen Carrelets. So konnten damit Plattfische (Schollen), Meeräschen und Aale gefangen werden.  In seinem Werk Traité général des pesches (Allgemeine Abhandlung über Fische) aus dem Jahr 1769 erwähnt dieser Autor die Nutzung eines Carrelets in Saint-Palais-sur-Mer für den Garnelenfang.

Man weiß nicht genau, wann die ersten Carrelets an den Ufern der Dordogne und Isle gebaut wurden. Heute schmücken mehr als 120 von ihnen die Ufer der Isles auf 30 Kilometern. Wie beim Carrelet Municipal von Libourne beschränken sich auch diese Konstruktionen auf ein an einem Mast aufgehängtes und mit einer Seilwinde versehenes Netz. Um ein Carrelet aufzubauen und zu unterhalten, ist eine Genehmigung zur vorübergehenden Nutzung eines Flussgebiets notwendig. Seine Nutzung ist zudem nur mit einem gültigen Angelschein erlaubt.

Escave-Fischen

Das Escave-Fischen war eine weitere traditionelle Technik, die jedoch, im Gegensatz zum Carrelet-Fischen, heute nicht mehr betrieben wird.

Diese Technik bestand darin, ein Escave genanntes Netz auszuwerfen, quer über den Fluss zu spannen und dann von einem der Ufer aus einzuholen. Die Fische wurden so in der Tasche gefangen, die sich bei diesem Manöver bildete.

Diese Art der Fischerei machte die Anbringung einer Winde am Ufer nötig, um das große und schwere Netz einholen zu können. Der Einsatz von mehreren Fischern war dabei gefragt: Einige befanden sich auf einem Boot, andere an Land bei der Seilwinde.

Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurde diese Technik in Condat am Caillou ausgeübt.

Die Wiederansiedlung des Europäischen Störs.

Anfang der 1980er-Jahre ist der Europäische Stör vom Aussterben bedroht. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wird dieser Fisch aufgrund seines Fleisches und seiner Eier (Kaviar) exzessiv gefischt. In den 1970er-Jahren war er daher fast ausgestorben. Da seit 1994 keine natürliche Reproduktion festgestellt werden konnte, wurde ein Programm ins Leben gerufen, um diese Fischart wiederanzusiedeln. So wurden 1995 in einer Aufzuchtanlage 23 000 Fischeier künstlich befruchtet. Die Jungfische konnten später in die Dordogne und die Garonne freigelassen werden. Seit 2007 wurden weitere Auswilderungen von Jungfischen vorgenommen. Zehn Jahre später ließen sich dann wieder „wilde“ Fische beobachten, die sich in ihrer natürlichen Umgebung fortpflanzten.